„Urologie für Anfänger“ von Peter Waldbauer


Eine Abenteuerreise durch die Ambulanz

Patrick Wagner, ein 45-jähriger Wirtschaftslehrer, erlebt skurrile Abenteuer in der urologischen Ambulanz. Er muss sich mit körperlichen wie geistigen Problemen herumschlagen. Warum treibt ein kastaniengroßes Organ Männer in den Wahnsinn? Bedeutet Blut im Urin das Ende aller Tage? Was haben Blasenbeschwerden mit Mathe zu tun? Weshalb wird nach dem Katheterziehen die Differentialrechnung angewandt und wieso ist es hilfreich, während des Pinkelns die erste Ableitung zu bilden? Vor allem aber: welche Nachteile hat es, wenn man den Anordnungen der Schwester uneingeschränkt folgt?

Darüber hinaus setzt sich Wagner mit dem Zustand in deutschen Notaufnahmen auseinander, mit der Arbeitsbelastung von Ärzten und Schwestern, mit der Rolle des Arztes in der Gesellschaft, mit dem richtigen Arzt-Patienten-Verhältnis, mit der Frage: gesetzlich oder privat versichert?, mit krankheitsverhütender Ernährung und Lebensweise sowie mit dem Thema Früherkennung.

Er sinniert über die Vor- und Nachteile einer Hightech basierten Apparatemedizin und befürchtet, dass das klassische Anamnesegespräch zu kurz kommt. Er stöhnt über die juristisch perfekt ausgefeilten Aufklärungsbögen und erfährt die positiven Auswirkungen einer gelungen Integrationspolitik am eigenen Leib, da er mit deutsch-türkischen Ärzten die besten Erfahrungen macht.

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Leseprobe

Mein Name ist Patrick Wagner. Ich bin Lehrer an einem Wirtschaftsgymnasium für BWL und Mathe, aber eigentlich wollte ich Ihnen erzählen, was mir letzten Mai in der
Urologie passiert ist. Alles fing damit an, dass ich wie jeden Tag meine Joggingrunde drehte. Lehrer sind lebenslang verurteilte Schreibtischtäter. Als Kopfarbeiter brauche ich viel Bewegung zum Ausgleich meiner geistig anstrengenden Tätigkeit. Vor der Klasse referieren, Unterricht vorbereiten, Arbeiten korrigieren, Diskussionen, Sprechstunden und Elternabende, Konferenzen – schon nach vier Stunden Schule raucht einem der Kopf. Auch privat bin ich ein leidenschaftlicher Leser, halte mich über viele interessante Themen auf dem Laufenden und verschlinge jede Woche eine Wagonladung Bücher, Zeitungen und Zeitschriften. Deshalb steht bei mir täglich Laufen auf dem Programm. Meist komme ich erst in den frühen Abendstunden dazu. Ich laufe ganz moderat, ohne falschen Ehrgeiz und Leistungsdruck. Um ein intellektuelles Leben zu führen, braucht man keinen athletischen Körper. Mir geht es darum, den Kreislauf in Schwung zu bringen, mich wohl zu fühlen, mein Gehirn zu durchbluten. Auch Schachgroßmeister joggen vor ihren Partien. Nach einem ausgiebigen Waldlauf sind meine Gedanken sortiert und das Denken fällt leichter. Auch das Sprachzentrum im Gehirn ist angeregt, das Sprechen flüssiger. Selbst Routineaufgaben gehen flotter von der Hand. Ich fühle mich angenehm entkrampft.
Ich joggte also auf meiner Strecke im nahegelegenen Wald und hatte gerade hundert Meter zurückgelegt, als ich plötzlich einen Krampf im Unterleib spürte, ein heftiges Ziehen in der Blasengegend und gleich darauf einen starken Harndrang. Was sollte das jetzt? Ich war doch zuvor auf der Toilette gewesen. Das war Routine vor jedem Joggen. Mit gefüllter Blase läuft es sich schlecht, der Harndrang wird durch die Bewegung potenziert.
Keine zehn Minuten war das erst her und doch drückte es dort unten schon wieder – nein, es brannte sogar! Ich hielt notgedrungen am Wegrand, zog meine Sporthose herunter und ließ Wasser. Da ich kurze Sportkleidung trug, gelang mir die Befreiung rasch, trotzdem konnte ich es kaum erwarten. Es kam tatsächlich etwas Urin, aber nicht viel; nichts, was den starken Druck gerechtfertigt hätte. Während des Pinkelns spürte ich ein fast lustvolles Zucken und zugleich ein scharfes Brennen. Danach wurde es besser. Puh, geschafft! Mir war unerklärlich, was da gerade vor sich ging. Nun gut, ich zog meine Hose hoch und trabte weiter. Während ich noch darüber nachdachte, was die Ursache meines merkwürdigen Erlebnisses sein könnte, spürte ich kurz darauf schon wieder Zuckungen im Unterleib. Das durfte ja wohl nicht wahr sein! Ich würde jetzt die Zähne zusammenbeißen und weiterlaufen. Ich hatte nicht vor, mich vom Joggen abbringen zu lassen. Ich würde das Aufmucken meines Körpers, das so unpassend kam, einfach ignorieren. Wir würden ja sehen, wer hier der Stärkere war. Verbissen lief ich trotz der Krämpfe weiter. Schon nach 200 Metern stand ich erneut am Wegrand. Die Schmerzen waren nicht auszuhalten. Dasselbe Spiel wie zuvor: unter Ziehen und Brennen kam wenig Urin. So wenig, dass es eigentlich keinen Toilettengang rechtfertigte. Und die Zuckungen während des Wasserlassens erinnerten mich an … nein, das konnte nicht sein, doch … sie erinnerten mich …

[…]


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