Berlin 1943. Während das Siegesgeschrei der faschistischen Machthaber immer lauter wird, verstärken die Alliierten massiv die Bombenangriffe auf die deutschen Städte. Die Front im Osten bricht mehr und mehr zusammen.
Elsie arbeitet in Berlin bei der Polizei als Protokollantin, und sie erlebt die brutalen Verhörmethoden der Gestapo. Ihr Vater ist im Widerstand aktiv. Er wird verraten und stirbt im KZ Dachau. Elsie sieht für sich keine Zukunft in Deutschland und sie beschließt, ihre Heimat zu verlassen. Mit gefälschten Papieren macht sie sich auf den gefährlichen Weg durch Frankreich, Spanien bis Lissabon, wo sie auf eine Schiffspassage nach Mexiko hofft. Auf ihrem langen Weg in die Freiheit erlebt sie Hass, Not, Verzweiflung – und Liebe.
„1943 – Transit nach Mexiko“ ist der 6. Band der Familiensaga.
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Leseprobe
Gegen Mittag war Luftalarm. Britische Verbände waren über einem Vorort nördlich von Berlin gesichtet worden. Berlin war nicht ihr Ziel und sie drehten ab, als die Flak das Feuer eröffnete und wir hofften, die Stadt bliebe heute vor weiteren Angriffen verschont.
Zitternd saß ich neben meinem Gepäck. Anne hatte mich fragend angesehen, als ich im Bett liegen blieb und sagte, mir wäre furchtbar übel. Ich müsste mir den Magen verdorben haben.
»Sage in der Personalabteilung Bescheid, melde mich krank«, trug ich ihr auf.
Sie hatte mich gedrückt und war gegangen. Als ich sicher sein konnte, sie würde nicht zurückkommen, war ich aufgestanden und hatte mich angezogen. Die Klamotten, die ich mit Unterstützung meiner Freundin Astrid gekauft hatte. Zivil und trotzdem hatte es etwas Uniformähnliches. Nachdenklich hielt ich die Kappe in der Hand. Das graue Schiffchen mit einem Abzeichen aus Messing an der Seite. Zwei winzige Flügel, die alles bedeuten konnten. Ich steckte es in die Tasche. Das durfte ich noch nicht aufsetzen, war zu militärisch. Wenn ich eine Nachbarin auf dem Flur treffen sollte, erregte es Verwunderung und auch Misstrauen.
Ich saß auf dem Bett, neben mir mein kleiner Pappkoffer und eine prall gefüllte Umhängetasche. Elf Uhr, ich musste los. Ich stand auf, nahm mein Gepäck und verließ das Haus. Mit der Straßenbahn fuhr ich zu einem im südlichen Berlin gelegenen Bahnhof. Es war eine der wenigen Linien, die bisher keine Bombentreffer abbekommen hatte. Ich hatte Glück, der Zug nach Köln hatte keine Verspätung, stand zur Abfahrt bereit am Bahnsteig. Etwas Wichtiges fehlte noch. Ich zog die graue Kappe aus der Tasche und setzte sie auf, schräg in die Stirn gezogen. Hatte ich vor dem Spiegel geübt.
Ich stieg in den Zug und suchte mir einen Platz in einem leeren 1. Klasse Abteil. Das gehörte auch zur Tarnung. SS und Gestapo fuhren 1. Klasse.
Mit Pfeifsignalen der Lokomotive setzte sich der Zug in Bewegung und ich lehnte mich zurück. Köln. Meine erste Etappe auf dem langen Weg in die Freiheit.
Einige Zeit später kamen ein Beamter der Reichsbahn und ein Soldat der Wehrmacht.
»Papiere«, sagte der Beamte in barschem Ton.
Ich gab ihm meinen Ausweis und die Sondergenehmigung der Gestapo, Geheime Staatspolizei. Er sah den Reichsadler, die Unterschrift, ein Ruck durchfuhr ihn, er nahm Haltung an. Er klappte den Ausweis auf, sah flüchtig hinein und gab mir alles zurück.
»Gute Reise«, sagte er und hob die rechte Hand. Ein angedeuteter Hitlergruß. Er schob die Tür zu, und ich atmete tief durch und lehnte mich zurück. Meine erste Kontrolle. Astrid, ich danke dir, die gefälschten Papiere sind großartig.
[…]
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