„Die unerwartete Odyssee des Jens H.“ von Jürgen Flüchter


Ein ungewöhnlicher Zeitreise-Thriller

Ein Schicksalsschlag wirft den Lehrer Jens Hofmann aus der Bahn. Der Konflikt mit einem psychisch gestörten Vater gibt ihm schließlich den Rest. Nachdem er sich krankgemeldet hat, um all dem zu entfliehen, beginnen die Ereignisse sich zu überschlagen.

Ein geheimnisvoller Fremder rettet ihn vor einer Messerattacke. Der Mann behauptet von sich, er sei Odysseus. Er suche den Eingang zur Unterwelt, um in seine Zeit zurückkehren zu können. Obwohl Jens ihn für schizophren hält, bezieht er ihn mit ein, um seiner jungen Kollegin Lena zu helfen. Sie wird von einem Stalker, der vor nichts zurückschreckt, bedroht.

Als Lena entführt wird, gibt es für Jens endgültig kein Zurück mehr in sein altes Leben. Zusammen mit seinem Nachbarn Erich und der Polizistin Leonie gerät Jens in einen Strudel, der ihn schließlich ins antike Griechenland befördert. Nach einer abenteuerlichen Reise erkennt er, dass es am Ende darum geht, seinen Platz im Leben zu finden, auch über Raum und Zeit hinweg.

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Leseprobe

Prolog
Für seine Zwecke war dieser verlassene Ort ein Glücksfall. Auf einer Wanderung hatte er den Aussichtspunkt durch Zufall entdeckt. Von der Burg, in der einst hoch über dem Rhein ein berüchtigtes Grafengeschlecht gehaust hatte, standen nur noch einige Mauerreste. Den Grundriss des runden Bergfriedes konnte man gerade noch erahnen. Weder Spaziergänger noch Schulklassen würden sich hierher verirren. Entlang des Rheins zwischen Mainz und Koblenz gab es genügend gut erhaltene Burgen, die einen Besuch lohnten.
Um sicherzugehen, hatte er vom Tal aus nach der Ruine Ausschau gehalten und sie erst mit dem Fernglas entdeckt, auch nur mit Mühe. Sehr gut. Natürlich hatte man die Burg nicht völlig vergessen. In mehreren Büchern und auch bei Wikipedia wurde sie kurz erwähnt. Graf Wolf von Hardenstein errichtete sie im dreizehnten Jahrhundert, als Zollburg. Schon im fünfzehnten Jahrhundert starb das Grafengeschlecht aus. Der Sage nach verfluchte die Mutter eines Mädchens, dem der letzte Graf Gewalt angetan hatte, ihn dazu, einsam und kinderlos zu sterben. Nach seinem Tod zerfiel die Burg und im Laufe der Jahrhunderte wurden die Steine für neue Bauten im Tal verwendet.
Natürlich entsprach die Sage den moralischen Vorstellungen des einfachen Volkes. Der Böse musste für seine Taten bestraft werden. Aber so lief es im wirklichen Leben nicht. Der Graf nahm sich einfach das Mädchen, das er haben wollte. Er besaß die Macht dazu. Damals galt das Recht des Stärkeren. Niemand konnte ihn dafür bestrafen. Tatsächlich fühlte er sich mit den Grafen von Hardenstein, vor allem mit dem letzten des Geschlechts, verbunden. Der Zufall wollte es auch, dass er sich schon vor vielen Jahren einen geheimen Namen, sozusagen einen Künstlernamen, zugelegt hatte. Wolf, so nannte er sich in seinen Gedanken. Genau so sah er sich, als gnadenlosen, geduldigen Jäger. Gerne hätte er in früheren Zeiten gelebt, natürlich als Herrscher, nicht als Leibeigener oder als Vasall. Nun ja, seufzte er innerlich, dieser Traum kann nicht erfüllt werden. Aber auch die heutige Zeit bot einen Raum für Wölfe.
Er hob das Fernglas ans Auge und ließ seinen Blick über den Rhein schweifen. Gerade fuhr ein Ausflugsschiff vorbei. Leise drang eine Lautsprecherstimme zu ihm hoch. Den am Deck in der prallen Sonne bei Kaffee und Kuchen sitzenden Touristen wurde irgendetwas erklärte. Sie fühlten sich so sicher, ahnten nicht, dass sie von hier oben beobachtet wurden. Wenn er nun ein Sniper wäre, der sie mit seinem Zielfernrohr ins Visier nahm und sich in aller Ruhe einige von ihnen aussuchte … Es gab ja so viele Verrückte. Zum Glück für die da unten gehörte er nicht dazu.
Sein Blick fiel auf einen jungen, braungebannten Mann mit Sonnenbrille, vor sich ein Bier, um diese Zeit schon. Sein Arm war lässig um eine junge Frau mit langen schwarzen Haaren gelegt. Als sie jetzt etwas zu ihm sagte, lächelte er. Für einen Augenblick spürte Wolf einen Hauch von Neid, rasch schob er dieses Gefühl beiseite.
Er nahm das Fernglas herunter, öffnete seinen Rucksack und holte das Stativ, die Kamera und das Teleobjektiv heraus. Während er mit geübten Handgriffen seine Beobachtungsstation aufbaute, musste er daran denken, dass bislang alles gut gelaufen war. Nur einmal, vor drei Wochen, war ihm beim Aufstieg zur Ruine ein Mensch begegnet, ein älterer Förster, genau an der Stelle, an der der steile Weg zur Burg abzweigte.
Der rundliche, gemütlich wirkende Mann hatte natürlich sofort erkannt, dass er zur Burgruine hinauflief. Nicht gut. Aber um Ausreden war Wolf noch nie verlegen gewesen. Er erzählte dem Mann, dass er ein Schriftsteller sei und an einem historischen Roman arbeiten würde. Beim Schreiben ließe er sich durch die Atmosphäre der Ruine und den Blick über das Rheintal inspirieren. Der Förster, der mit seinem olivfarbenen Hemd, dem grünen Käppi und der dunklen Arbeitshose genau seiner Vorstellung von einem Förster entsprach – nur das Gewehr fehlte -, fühlte sich anscheinend sehr geehrt, einen leibhaftigen Schriftsteller vor sich zu haben. Wolf erinnerte sich gut an das Gespräch.

[…]


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