Ein nervenaufreibender Psychothriller über das manipulative Spiel eines gefährlichen Täters, das erst endet, wenn der Tod gesiegt hat!
Welches eiskalte Monster nimmt einer Familie den Sohn? Welche Bestie entreißt zwei kleinen Kindern die Mutter?
Hauptkommissar Rolf Heerse wird zu einem schockierenden Fund in der Innenstadt von Baden-Baden gerufen. Sofort steht fest, dass der Täter entschlossen und berechnend vorgeht. Das an der Leiche vollzogene Ritual lässt die Beamten vermuten, dass eine besondere Fixierung auf den Mund des Opfers bestand.
Als bald darauf klar wird, dass es die Polizisten mit einem Serientäter zu tun haben, taucht unvermittelt eine junge Frau auf, die als Kind in einen von Heerses brutalsten Mordfällen verwickelt war. Niemand weiß, ob die damals Neunjährige ihre schrecklichen Erlebnisse mittlerweile verarbeitet hat. Warum sucht sie die Nähe zu den Verdächtigen? Über Nacht entwickelt sich eine Atmosphäre der Angst in der sonst so idyllischen Kurstadt. Zeugen sind eingeschüchtert, fühlen sich verfolgt. Zudem fürchtet der Hauptkommissar um die Sicherheit seiner Kollegen und deren Familien. Als ihm bewusst wird, dass jedoch sein eigener Tod das Ziel eines rachsüchtigen Plans ist, scheint die Falle bereits zugeschnappt zu sein …
Wie viele Opfer lässt der Mörder noch für ihre Sünden büßen? Wird es Heerse gelingen, die Sepsis einer hasserfüllten Psyche zu bezwingen?
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Kennenlernen: Ilona Bulazel
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Da waren sie wieder, die Hände, die sie festhielten. Kalt, feucht, unangenehm. Warum hörte das nie auf? Seit Jahren versuchte sie, ihnen zu entfliehen, aber die Hände waren schneller, schienen immer zur Stelle und wollten sie offenbar niemals loslassen. Sie zappelte und kämpfte, aber ihren Peinigern konnte sie nicht entkommen.
Plötzlich peitschte ein Schuss durch die Stille, dem Schreie folgten. Der Körper ihres Bruders kippte nach hinten – und mit einem Mal bewegte sich die Welt nur noch in Zeitlupe.
Sie sah, wie er fiel, langsam, fast gemächlich. Ohne Eile kam er Millimeter für Millimeter dem Boden näher. Sie blickte direkt in seine braunen Augen, sah darin die Trauer, die Verzweiflung und den Wunsch weiterzuleben. Seine Lippen formten ihren Namen, dann schließlich erbebte die Erde. Er schlug hart auf dem Beton auf. Sie stürzte zu ihm, für einen Augenblick war es ihr gelungen, den Händen zu entkommen, sich aus den kalten Klauen herauszuwinden. Das Gesicht ihres Bruders wirkte nun wütend, sein Blick richtete sich starr zur Decke. Die weichen, dunklen Locken waren zerzaust, so wie er es eigentlich nicht mochte. Sie streckte ihre Finger aus, versuchte, eine Strähne zurechtzuzupfen, berührte dabei sein Gesicht und hinterließ darauf den blutigen Abdruck einer Kinderhand.
»Moritz«, hauchte sie und begann ihren Bruder wachzurütteln, aber da griffen sie wieder nach ihr, zerrten sie weg, ließen ihr keine Möglichkeit für einen Abschied.
Und erneut brachte man sie in das Zimmer, in dem sie schon so viele Nächte zuvor gesessen hatte. Dort war es eisig und sie hörte einen Wasserhahn tropfen. Dieses Geräusch war so laut, dass es die Stimme der Frau, die auf der anderen Seite des Schreibtisches saß, fast übertönte. Dennoch verstand sie die Fragen, die man ihr stellte, weigerte sich jedoch, zu antworten.
Zunächst hatte sie Angst, aber dann erinnerte sie sich an Moritz und an den Schmerz. Sie sah der Frau mit den vielen Fragen direkt ins Gesicht und auf deren Mund, der sich hektisch bewegte, nicht stillzustehen schien und ständig größer wurde; bereit, jeden um sich herum zu verschlingen.
Um sich zu schützen, versuchte sie, die Arme wie ein Schild nach oben zu reißen. Aber die Hände, die ihren Körper festhielten, verhinderten das. Ihr blieb keine Wahl. In der nächsten Sekunde schnellte sie mit aller Kraft nach vorne, riss sich doch noch los, um anzugreifen …
Mit einem Mal verschwamm alles vor ihren Augen und das Zimmer, die Hände, die Frau waren verschwunden. Sie saß alleine in einer kleinen Zelle. Der Alptraum sollte nicht enden. Sofort hatte sie das beklemmende Gefühl, nie wieder entkommen zu können; verdammt zur Einsamkeit, nachdem man ihr den einzigen Menschen genommen hatte, der je für sie wichtig gewesen war. Nirgendwo in ihrem Gefängnis konnte sie eine Tür finden, dafür entdeckte sie an einer der Wände Blut, viel Blut, und es wurde stetig mehr, drängte sich mit aller Kraft durch die Mauern. Dicke Tropfen klatschten auf den Boden und schnell entwickelte sich eine Pfütze. Dampf stieg von ihr auf, ein Zeichen, dass die rote Flüssigkeit gerade erst aus einem lebendigen Körper ausgetreten war.
Sie legte den Kopf schräg und schon hörte sie es wieder, das Tropfen. Erst jetzt erkannte sie, dass das nicht von einem Wasserhahn stammte, sondern vom Blut, das auf den Boden platschte.
Unvermittelt verzog sie das Gesicht. Irgendetwas spürte sie in ihrem Mund. Es schmeckte eigenartig metallisch, so als würde man an einem Geldstück lecken, aber es war keine Münze. Zudem fühlte es sich weich an wie ein Kaugummi, wenn auch etwas widerspenstiger. Ungeduldig wälzte sie das merkwürdige Ding in ihrem Mund hin und her, um mit der Zunge zu ergründen, um was es sich denn nun wirklich handelte und plötzlich fiel es ihr wieder ein. Ärgerlich spuckte sie den Fremdkörper auf das Laken mit dem Herzchen-Muster.
Das, was bis eben noch in ihrem Mund gewesen war, schlängelte sich jetzt direkt vor ihren Augen wie ein Regenwurm. Aber es handelte sich nicht um ein Tier, sondern um etwas Menschliches. Voller Abscheu betrachtete sie das abgebissene Stück Unterlippe. Es hatte der Frau gehört. Der Frau, die die vielen Fragen gestellt hatte.
Mit einem Schlag erwachte Anne. Sie stieß geräuschvoll die Luft aus und dachte genervt: Schon wieder dieser Traum.
Sie schüttelte sich, als könnte sie so vergessen, was ihr das Unterbewusstsein über Nacht zugemutet hatte. »Diese scheiß Hände!«, fluchte die Achtzehnjährige laut.
Es gab viele Varianten dieses Traums und erschrecken konnte sie davon schon lange keine mehr. Wie sehr sich jedoch die nächtlichen Schlaferlebnisse auf ihre Laune auswirkten, hing stark davon ab, wie hilflos sie sich dabei gefühlt hatte.
Sie ging ins Badezimmer. Malerfolie bedeckte den Boden, die Renovierung war noch nicht vollständig abgeschlossen und die Plastikabdeckung klebte nun an ihren Füßen. Sie seufzte, knipste das Licht an und betrachtete sich im Spiegel.
Ein faszinierendes Gesicht blickte ihr entgegen, gleichmäßige Züge, ausgesprochen hübsch und vor Selbstbewusstsein strotzend. Ihre blauen Augen konnten die Menschen fesseln. Sie lächelte ihr Spiegelbild zunächst freundlich an, wohl wissend, dass sie mit diesem Gesichtsausdruck Herzen schneller schlagen lassen konnte.
»Vielleicht sollte ich mir die Spitzen abschneiden?«, murmelte sie und runzelte die Stirn, während sie die glänzenden, blonden, langen Haare betrachtete, deren Enden noch die Reste der schwarzen Färbung zeigten. »Ich könnte sie auch behalten«, antwortete sie sich selbst und verwandelte ihr sanftes Lächeln in eine grinsende, boshafte Grimasse. Nicht, dass sie deshalb weniger umwerfend ausgesehen hätte, jedoch erhielt ihr zartes Engelsgesicht dadurch eine Note, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte.
»Ein bisschen Schwarz als Symbol für meine dunkle Seele«, sprach sie amüsiert weiter. »Immerhin werde ich diejenige sein, die Hauptkommissar Rolf Heerse töten wird.« Anne Salter lächelte nun zufrieden und fügte an: »Ja, heute ist ein guter Tag, und es werden weitere gute folgen.«
* * *
Etwa zur gleichen Zeit
Hauptkommissar Rolf Heerse fuhr an diesem Märzmorgen gut gelaunt in Richtung Dienststelle. Sein Weg führte ihn vom Baden-Badener Stadtteil Oos über die Rheinstraße vorbei an den Bäumen, die links und rechts der Fahrspuren standen. Natürlich hätte er sich darüber beklagen können, dass deren Äste noch ziemlich kahl waren und der Straße dadurch kein üppiges Blätterdach boten, aber wie gewöhnlich sah er das Positive, denn sie gaben den Blick auf den Himmel frei – und dieser erstrahlte heute in herrlichem Blau.
Der neunundfünfzigjährige Beamte kannte sich in seiner Heimatstadt Baden-Baden bestens aus. Er lebte und arbeitete schon sehr lange hier, dennoch klagte er nie über Langeweile. Als Ermittler des Morddezernats boten seine Arbeitstage ständig Überraschungen und er genoss die wenige Routine sogar, die ihm in seinem Leben vergönnt war.
Mit beschwingtem Schritt betrat er die Dienststelle und die Beamtin am Empfang begrüßte ihn amüsiert: »Sag nicht, dass heute der letzte Tag vor deiner Pensionierung ist, so fröhlich, wie du hier hereinschneist.«
»Na hör mal«, antwortete Heerse gespielt beleidigt, »so schnell setze ich mich nicht zur Ruhe!«
Die Kollegin wollte etwas erwidern, schluckte die Bemerkung aber herunter, als ein Beamter in Uniform an ihnen vorbeiging.
Polizeiobermeister Jörg Wagner schien in Gedanken, schreckte deshalb auf, als ihn die Polizistin fragte: »He, Jörg, wie geht es dir?«
Der Kollege blieb abrupt stehen und sah Heerse und die Beamtin an. Er wirkte unschlüssig, so als fiele es ihm schwer, die Frage zu beantworten. Dann gab er sich einen Ruck und entgegnete: »Alles okay, bin nur im Stress. Muss zu einem Einsatz, ein Unfall.« Er nickte kurz und eilte davon …
[…]
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