„Phasen des Überlebens“ von Paul Desselmann


Das ganze Leben den falschen Zielen gewidmet!

Diese schockierende Feststellung muss Nathan Seeger machen, als er auf dem Krankenbett die Zeit findet, die schlimmen Nachrichten von weltweiten Unwetterkatastrophen, Hungersnöten und Unruhen im Fernsehen anzuschauen. Gemeinsam mit seinem Assistenten diskutiert der schwerreiche Industriemagnat, was die Ursachen für all das Chaos sind und kommt schnell zu der Einsicht, dass die dramatische Überbevölkerung die Wurzel allen Übels darstellt.

Doch welche Möglichkeiten gibt es, den bevorstehenden Kollaps der Menschheit zu verhindern? Im Grunde genommen kann nur noch eine drastische Verringerung der Weltbevölkerung das Schlimmste aufhalten. Nathan besitzt die nötigen finanziellen Mittel für die gravierenden Maßnahmen, doch er stellt auch klar, dass er eine möglichst humane Lösung möchte, um das Leid der Menschen nicht noch zu verschärfen.

Paul Desselmann | Kindle | Tolino | Taschenbuch

Zum Kernstück seiner Gedanken musste Nathan allerdings feststellen, dass Daniel das Thema so gar nicht zu schmecken schien. Wahrscheinlich befürchtete er, dass sein Boss womöglich doch auf die Humanität verzichten könnte und einen tödlichen Virus erschaffen wollte, der den Großteil der Weltbevölkerung umbringen würde. Bei seinem Kontostand wäre das zweifellos machbar.
Doch für Nathan war dies keine Option. Er wollte den Menschen mit seiner Idee möglichst wenig Schaden zufügen.
Er wurde von einem Rascheln abgelenkt und schaute zu Katja hinüber. Sie war von ihrem Tisch aufgestanden und lief Richtung Badezimmer. Sie bemerkte nicht, dass er wach war, und so konnte er sie unauffällig beobachten. Er gönnte sich ein Lächeln, als sie zu ihrem Babybauch griff und darüber streichelte.
Jetzt wurde ihm klar, dass dies der Ansatzpunkt sein musste. Nur wenn die Weltbevölkerung nicht weiter wuchs, vielleicht sogar schrumpfte, würden die Menschen eine Chance haben, auf Dauer zu überleben.
Doch wie konnte man die Menschen davon überzeugen? Wie Daniel bereits gesagt hatte, würden sie sich niemals auf eine weltweite Geburtenregulierung einlassen. In den Staaten, in denen es tatsächlich umgesetzt würde, müsste man mit Widerständlern rechnen, welche die Regierungen gefährdeten. Unruhen wären vermutlich die Folge und es käme zu den Opfern, die Nathan eigentlich vermeiden wollte. Viele andere Staaten würden gar nicht erst mitmachen, sodass die Bemühungen der wenigen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein wären.
Er rang sich ein Seufzen ab und versuchte seinen Kopf freizubekommen. Doch das missglückte gründlich. „Sie müssten von selbst auf das Kinderkriegen verzichten wollen“, flüsterte er leise.
Katja hörte es trotzdem und kam herüber, um nach ihm zu schauen. „Sie sollen sich doch ausruhen!“ mahnte sie mit ihrem sympathischen Akzent.
Nathan nickte und schloss seine Augen. Er hörte, wie sie zu ihrem Platz zurückkehrte und grübelte weiter. Seine Gedanken wanderten einige Jahre zurück und nach Brasilien. Dort wurde über einen Virus berichtet, der für Erwachsene weitgehend ungefährlich war, aber ungeborene Babys im Mutterbauch angriff. Diese kamen dann mit schweren Fehlbildungen zur Welt und waren kaum überlebensfähig. Viele starben noch vor ihrer Geburt.
Wenn sich dieses Virus über die ganze Welt verbreiten und viele Menschen sich damit anstecken würden, wäre das Problem so gut wie gelöst. Ärzte könnten im Vorfeld feststellen, ob ein Paar infiziert war und die meisten von ihnen würden sich dann zwangsläufig gegen Nachwuchs entscheiden. Wer wollte schon ein Kind zur Welt bringen, wenn er bereits vor der Zeugung wusste, dass es schwerstbehindert sein würde und seine Lebenserwartung bestenfalls nur auf wenige Jahre beschränkt war? Die Leute könnten dann auf das Kinderkriegen verzichten und ihr Leben fast normal weiterleben. Das wäre eine humane Lösung, weil niemand ernsthaft darunter leiden würde.

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