Wie viel Liebe braucht der Mensch? Auf diese Frage hat er keine Antwort. Er liebt Frauen, verstößt sie jedoch, sobald sie krank werden und nicht mehr seinen Vorstellungen entsprechen. Stattdessen schickt er sie auf eine Reise, die mit dem Tod endet. Doch stellen sich die Dinge so dar, wie sie zunächst erscheinen? Geschickt führt er die Kripo Bodensee an der Nase herum.
Ein neuer Fall für die Kripo Bodensee.
Janette John | Kindle | Taschenbuch
»Wenn es zum Regen kommt, wird er sämtliche Spuren verwischen. Kommen Sie, beeilen wir uns«, rief Daniel Selzer, die Hände in der Jacke verschanzt und den Kragen aufgestellt, seinen Mitarbeitern zu.
»Mann Daniel, geht’s vielleicht noch schneller? Ich bin nicht mal richtig wach. Mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen zu werden, ist selbst in meinem Alter schwer zu ertragen«, maulte Nadine Andres gähnend. »Weiß man schon, wer der Tote ist?«
Rudolf Hufnagel, ein älterer Kollege, rief ihr zu: »Kein Mann, eine Frau, hieß es am Telefon.«
»Was, schon wieder?«
Selzer stoppte, drehte sich nach hinten um und kommentierte die Frage der Mitarbeiterin. »Nadine, das nervt. Warte einfach, bis wir bei der Leiche sind. Dann kannst du immer noch deine Meinung kundtun. Meinst du, mir gefällt es, Viertel vor vier geweckt zu werden? Und das am Sonntagmorgen? Den hab ich mir weiß Gott anders vorgestellt.«
Ein Kollege der Spurensicherung war zu sehen, anschließend ein zweiter und ein dritter.
»Glaubst du, denen sagt das zu? Und dennoch machen sie ihre Arbeit.« Selzer deutete auf die Personen in weißen Anzügen.
Seine Antwort hatte gesessen und blieb unbeantwortet. Die Tatsache, dass es bereits dämmerte und hell genug war, im Dickicht von Gestrüpp, herabhängenden Ästen und nassem Untergrund voranzukommen, sorgte bei der Kollegin für bessere Stimmung. Andererseits, dass sie sich überhastet angekleidet hatte, sollte sie jetzt bereuen. Die Morgenfrische führte zu einer Gänsehaut. Hätte ich bloß ein Unterhemd angezogen. »Verdammt ist das kalt.« Daniel scheint der Schmutz nichts auszumachen. Der hüpft wie eine Gazelle durch den Schlamm.
Nadine sah auf ihre Schuhe, die bereits durchgeweicht waren und von denen kaum noch der Originalton zu erkennen war. Na super. Wieso sagt mir keiner, dass die Leiche im Wasser liegt? Manchmal hasse ich meinen Job. Egal. Gleich werde ich mich über eine Tote beugen, um die üblichen Fragen zu stellen. Wer ist sie? Wie lange befindet sie sich schon hier? Und wie ist sie gestorben? Und wenn es ein Unfall war? Abwarten und Tee trinken. Wobei Tee bei der lausigen Kälte keine schlechte Idee wäre.
»Wo bleibst du denn? Beeil dich«, höre ich Daniel rufen. Der stakst ganz sicher nicht mit hellen Turnschuhen durch die Gegend. Tja, wieso hast du sie bloß angezogen? Jetzt fällst du mir auch noch in den Rücken, du Gewissen du.
Selzer, der inzwischen den leblosen Körper erreicht hatte, starrte mit weit aufgerissenen Augen darauf. Nach seiner ersten Einschätzung hatte sich die Frau, die mit zerfetzter Kleidung vor ihm lag, nicht das Leben genommen. Es sei denn, sie hatte sich freiwillig den Holzpfeiler in den Brustkorb gerammt, was für den Kriminalisten zunächst nicht danach aussah. Die zusammengepressten Lippen waren ein Zeichen, dass ihn der Anblick des Körpers erschütterte. »Verdammt, wer tut so etwas nur?«, stellte er sich die Frage und blickte zur Kollegin, die antwortend auf ihn zukam. »Sieht für mich nach einem Ritualmord aus.«
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