„AETERNA – Die schwarze Flamme“ von Mikael Lundt


Seit Äonen schlummerte es im Verborgenen – nun droht seine finstere Macht alles zu verschlingen!

Die Erkenntnis trifft den Teilchenforscher Dr. Daniel Slovak wie ein Schlag: „Diese Partikel stammen nicht aus den Tiefen des Alls, sie kommen von der Erde!“ Schnell wird ihm klar, was der von ihm aufgefangene Neutrinosturm bedeutet: eine Katastrophe kosmischen Ausmaßes droht. Noch hat er keine Ahnung, dass die Quelle der mysteriösen Teilchen mächtige Beschützer hat: AETERNA – eine verschworene Gemeinschaft, die seit Jahrtausenden das Geheimnis der schwarzen Flamme bewacht. Nun, da die Kräfte des Artefakts entfesselt wurden, kann AETERNA nicht länger im Verborgenen agieren.

Nicht nur Dr. Slovak spürt den Hinweisen auf das drohende Unheil nach, auch die Interpol-Sektenjägerin Isabella Cassini nimmt die Fährte des geheimen Zirkels auf. Bald finden sich Slovak und Cassini im Herzen einer düsteren Verschwörung wieder – und müssen sich gegen Widersacher behaupten, die keine Skrupel kennen. Es beginnt ein Kampf gegen die Zeit und gegen die Besessenheit eines Kultes, der bereit ist, für seine unheiligen Ziele alles Leben auf Erden zu riskieren.

Mikael Lundt | Kindle | Paperback

In der Wüste des heutigen Jordaniens, 453 v. Chr.
„Sind wir hier sicher vor dem Sturm, Vater?“ Denebs Kehle war ausgetrocknet und er krächzte mehr, als dass er sprach.
„Ich hoffe es, mein Sohn“, sagte Ghazal und rieb sich den Sand aus den Augen.
Der Wüstensturm war heftig gewesen und es erschien immer noch wie ein Wunder, dass sie es lebend in die rettende Felsspalte geschafft hatten.
„Wo sind wir?“, fragte Deneb nun und folgte dem Blick seines Vaters.
Ghazal sah ehrfürchtig an den Felswänden empor. Dutzende Säulen und Bögen erstreckten sich vom Fuß der Höhle bis in mehr als 20 Meter Höhe. Die Wände verjüngten sich oben wie ein Trichter. Durch eine kleine Öffnung sah er, dass der Himmel orange war. Der Sturm tobte über diese verborgene Grube hinweg.
Hier unten bekamen sie davon nicht viel mit. Sie standen in einem flachen steinernen Becken, von dem an drei Seiten mehrere Kanäle abgingen. Das Becken war komplett ausgetrocknet und voller Sand, aber einst musste es hier Wasser gegeben haben.
Nach einer Weile des stummen Verharrens traten sie aus dem Becken und sahen sich weiter um. Das hier war eine kleine verborgene Stadt, rundherum vom Fels eingeschlossen. Der Tunnel, durch den sie gekrochen waren, schien der einzige Zugang zu sein. Womöglich gab es einen weiteren, der gut versteckt war.
„Was kann das für ein Ort sein?“, fragte Deneb nervös.
„Ich weiß es nicht, Sohn. Eine versunkene Stadt? Eine Tempelanlage?“ Er zeigte zur gegenüberliegenden Felswand, wo ein großes Portal in den Stein gehauen war. „Es ist so viel prachtvoller als alles, was ich je gesehen habe. Das müssen Baumeister eines fremden Volkes getan haben.“
„Ein fremdes Volk?“ Deneb spürte auf einmal Angst in sich aufsteigen. Nicht die Art von Angst, die er vorhin im Sturm gespürt hatte, sondern eine düstere Beklemmung, die sich seiner bemächtigte. „Wir sollten nicht hierbleiben,“ sagte er.
„Wir müssen.“ Ghazal zeigte nach oben. „Der Sturm wütet noch. Nirgends sind wir so sicher wie hier. Sobald er sich legt, gehen wir zurück.“
„Vater, bitte. Ich fühle mich nicht wohl. Dieser Ort macht mir Angst. Was, wenn die Bewohner uns angreifen?“
„Ich glaube nicht, dass hier noch jemand wohnt. Das Wasser ist versiegt. Diese Stadt muss vor langer Zeit aufgegeben worden sein.“ Ghazal setzte sich in Bewegung und überquerte den zentralen Platz.
Zögerlich folgte Deneb seinem Vater, der genau auf das große Bauwerk zuging, dessen Zugang links und rechts von massiven Säulen eingerahmt wurde. Das Portal war nicht mit Toren verschlossen, sondern als offener Bogen konstruiert, breit wie vier Männer und gut doppelt so hoch.
Direkt davor blieben Ghazal und Deneb stehen. Jenseits des Eingangs lag eine schummrige Halle. Von hier draußen konnte man unmöglich sagen, ob es eine natürliche Höhle war oder ob die gewaltige Vertiefung von Menschenhand in den Stein getrieben worden war.
Deneb schauderte beim Gedanken, noch weiter hinein zu gehen, doch Ghazal trat einen Schritt vor, dann einen weiteren. Irgendetwas schien ihn geradewegs in den Tempel zu ziehen.
Nun löste sich Deneb aus seiner Starre und folgte dem Vater hinein. Um keinen Preis wollte er allein bleiben.
An den Wänden im Inneren des Portals steckten erloschene Fackeln in Halterungen. Darunter stand ein Bottich mit einem Rest fast vertrocknetem Pech und auf einer steinernen Ablage lagen einige Feuersteine.
Ghazal nahm eine der Fackeln, tauchte sie ein und entzündete sie.
Der Feuerschein beruhigte Deneb nicht im Geringsten, denn mit der Fackel waren sie noch leichter zu finden, falls Fremde hier sein sollten. Er versuchte, seinen Vater an der freien Hand zurückzuhalten. „Nicht weitergehen. Lass uns hier warten“, bat er.
Sein Vater hörte nicht richtig hin. Er murmelte etwas in seinen Bart und ging dann weiter vorwärts durch das tunnelartige Portal.
Deneb ließ seine Hand los und sah unsicher zum Ausgang zurück. Was sollte er tun? Alleine zurückgehen oder seinem Vater noch weiter in dieses finstere Loch folgen? Er schüttelte sich. Warum nur hörte er nicht auf ihn?
Rasch lief er ihm nach und gelangte in eine große Halle. Selbst bei dem Schummerlicht, das die Fackel abgab, konnte er erkennen, dass sich gigantische Gemälde an den Wänden empor bis an die kuppelförmige Decke zogen. Sie zeigten Ornamente und szenische Bildnisse. Es waren offenbar Zeugnisse der Geschichte. Daneben sah man immer wieder Zeichenfolgen und Piktogramme, die womöglich von der Erschaffung dieses Ortes erzählten.
Deneb konnte die Zeichen nicht lesen, auch die Symbole sagten ihm nichts.
Ein Dutzend gemeißelte Statuen befand sich auf schlanken Podesten vor den Wänden. Darunter kauerten einige menschliche Figuren in demütigen Posen. Andere standen mit erhobenen Armen dort, als wollten sie eine übernatürliche Macht anrufen.
Von der großen Halle gingen zu beiden Seiten zwei Gänge ab, der rechte war eingestürzt und nicht mehr begehbar, der linke schien stabil.
„Vater!“, flehte Deneb wieder. „Ich möchte zurück, bitte.“
Doch Ghazal reagierte nicht darauf. Ohne eine Antwort zu geben, wandte er sich dem freien Gang zu und trat hinein. Kaum hatte er einen Fuß hineingesetzt, spürte Deneb, dass eisige Luft herausströmte.
Er bekam Gänsehaut am ganzen Körper. Nie hätte er gedacht, es könnte eine solche Kälte geben. Klirrender als die tiefste Wüstennacht. Ihm war, als bohrten sich Krallen in sein Fleisch. Doch es war nicht die Kälte allein. Er bemerkte noch etwas anderes – etwas Düsteres, das diesen Ort beherrschte. Deneb war klar: Dieser Tempel beschwor seine schlimmsten Ängste herauf. Und seinem Vater schien das alles nicht das Geringste auszumachen. Oder hatte es ihn befangen? Er durfte das nicht zulassen!
Deneb überwand seine Starre und stürmte nun hinter ihm her in den Gang. Kaum war er darin, strauchelte er und schlug hin. Er sah nach hinten. Da lagen Knochen am Boden. Und dort drüben ein menschlicher Schädel! Denebs Kehle war wie zugeschnürt, er konnte nicht einmal schreien. Dennoch rappelte er sich auf und ging seinem Vater nach – langsamer nun, denn das Licht der Fackel war auf die Entfernung nur noch schwach zu sehen. Überall in der Düsternis lagen bleiche Gebeine herum, es mussten die Skelette von etwa einem Dutzend Menschen sein.
Endlich sah er seinen Vater vor sich im Gang, er war wie von einer finster glühenden Aura umgeben. Da hinten lauerte ein Licht, das diesen Namen nicht verdiente. Es war dort und gleichzeitig auch nicht. Wie ein schwarzes Glimmen, das es in dieser Welt nicht geben durfte. Es schien, als würde dieses unwirkliche Leuchten das Licht der Fackel einsaugen und es in Düsternis verwandeln. Nun bemerkte Deneb ein Wummern, mehr spürbar als hörbar, so tief klang es. Es durchdrang seinen Körper und schuf eine beklemmende Resonanz.
Deneb ging noch einen Schritt weiter und erkannte nun, dass dort hinten eine große Kammer lag. „Vater!“, rief er.
Wie festgewachsen stand Ghazal zwischen den Skeletten und starrte stur geradeaus.
„Was ist da?“, fragte Deneb und erwartete schon keine Antwort mehr. Er schloss zu seinem Vater auf und rüttelte an dessen Arm. Er zog mit ganzer Kraft an ihm, doch er rührte sich nicht. Dann erblickte Deneb das Objekt, das seinen Vater in seinen Bann geschlagen hatte. Mittig in der ausladenden Kammer stand ein Schrein – kunstvoll verziert mit Ornamenten und fast so groß wie ein ausgewachsener Mann. Das schwarze Leuchten kam direkt aus dem Inneren des Schreins und brach durch Ritzen in der Umhüllung und die halb geöffneten Türen. Dort lauerte eine ungezügelte Macht, eine gewaltige, dunkle Energie.
Deneb glaubte, ganz allmählich ein leises, schrilles Pfeifen zu hören, das aus dem Schrein kam. Rund um das Artefakt standen Krüge und Kelche, verziert mit Edelsteinen, goldene Zepter und am Rand der Kammer steinerne Sarkophage mit beiseitegeschobenen Deckeln.
Plötzlich sprach Ghazal wieder. „Sohn, das ist ein ungeheurer Schatz!“
Deneb schüttelte heftig den Kopf. Sein Vater musste den Verstand verloren haben! Er sah zu ihm hoch, in seinen Augen schwelte die Gier. Seine Gesichtszüge wirkten hart und verbissen.
„Geh das Kamel holen!“, sagte Ghazal.
Deneb starrte ihn erschrocken an. „Aber wie … der Tunnel ist zu eng.“
„Geh jetzt, los!“, rief sein Vater energisch. Dann schritt er auf den Schrein zu.
Zögerlich entfernte sich Deneb, doch er blieb nach ein paar Schritten wieder stehen und sah über die Schulter. Sein Vater hob langsam die Hand. Was tat er nur? Er musste wahrlich verrückt geworden sein. Die Finsternis hinter ihm pulsierte und waberte.
Ghazal trat nun ganz nah an den Schrein heran, ehrfürchtig streckte er die Hand nach den Türen aus und öffnete sie. Mit einem Mal schlug die frostige Kälte in Hitze um. Es fühlte sich an wie eine Million Ameisen auf der Haut. Denebs Sichtfeld verkrümmte sich, so als wäre er in einem Wasserstrudel gefangen, an dessen Ende gerade sein Vater in einem tiefschwarzen Schlund verschwand. Endlich riss er sich von dem Anblick los und eilte zurück zum Ausgang. Dabei stolperte er über Schädel und Knochen.
Kaum hatte er den Gang in Richtung Kuppel verlassen, hörte er ein ohrenbetäubendes Kreischen, einen Schrei wie von einer Horde Dämonen aus den grimmigsten Albträumen. Dazwischen die Stimme seines Vaters, die unbekannte Worte bellte.
Ein Stich fuhr Deneb ins Herz, so als wollte man es ihm bei lebendigem Leibe entreißen. Doch er rannte weiter, so schnell wie er noch nie in seinem Leben gerannt war. Er sah nicht, was hinter ihm geschah, aber spürte es: Dort loderte das schwärzeste Inferno auf, das man sich vorstellen konnte.

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