„Todesboten – Seelenweiß“ von Mika D. Mon

Shiro kümmert sich um die ruhelosen Geister dieser Welt. Sein Job ist kalt, einsam und die Toten reden nicht. Perfekt, denn er braucht nichts und niemanden. Außer die Regeln seiner Rasse, die er blind befolgt: Kein Mitleid. Keine Liebe. Keine Gefühle.

Doch als bei einem blutigen Massaker ein ganzes Dorf ausradiert wird und alle Seelen spurlos verschwinden, bekommt Shiros scheinbar heile Welt Risse. Leider ist sein unverschämter Kollege Veit der Einzige, der ihm bei dem Mysterium um die gestohlenen Leben helfen kann. Genervt macht er sich mit dem selbstgefälligen Mistkerl auf den Weg, des Rätsels Lösung zu finden. Dabei ahnt er nicht, dass das Schicksal der ganzen Welt auf dem Spiel steht – und dass Regeln dazu da sind, gebrochen zu werden …

Mika D. Mon | Kindle | Taschenbuch | Hörbuch

»Ich arbeite allein.« Seine Stimme klang kompromisslos und kühl durch die schmale Gasse zwischen den kleinen Fachwerkhäusern. Die Spitze seines Katanas schwebte wenige Zentimeter vor der Kehle seines Gegenübers, dessen Gesicht sich in dem polierten Stahl der Klinge spiegelte.
»Ich habe dich auch vermisst, Shiro. Lange nicht gesehen.
Kein Grund, mir gleich um den Hals zu fallen.« Der große, schlanke Mann vor ihm hob unschuldig die Hände, ein fieses, spöttisches Lächeln auf den Lippen. In den grünen Augen war keine Furcht zu lesen. Nicht einmal Respekt. Bloß dieser nervtötende Schalk. Dieses lauernde, amüsierte Funkeln. Als wäre es ein verdammter Scherz, dass Shiro vor ihm stand und ihm mit ausgestrecktem Arm seine Waffe an den Hals hielt. Es kotzte ihn an.
Er verengte die Augen.
»Sag mal, willst du mich zu Eis erstarren lassen?«, fragte sein Gegenüber belustigt.
Wenn es nur so wäre.
»Verschwinde, Veit. Das hier ist mein Job.« Leicht schob er die Schwertspitze gegen die zarte Haut über der Kehle.
Veits Ausdruck wurde eine Spur dunkler, sein Adamsapfel bewegte sich leicht, als er schluckte. »Leider sehe ich kein Reserviert-Schild. Also, tut mir leid, Kumpel, aber wir werden uns diesen Job wohl teilen. Ich bin nämlich nicht den ganzen Weg bis hierhergekommen, um mich von dir fortschicken zu lassen, Kleiner. Wir sind beide dem Ruf gefolgt. Ganz wie früher.«
»Ich werde dir nicht noch einmal vertrauen.«
»Keine Sorge, ich bin diesmal auch ganz brav.« Veit legte einen Finger an die Rückseite des Katanas, wollte es wegdrücken, als wäre es aus Holz und keine tödliche Waffe.
Shiro hielt energisch dagegen, seine Mundwinkel zuckten nach unten. »Vergiss es. Es ist mir egal, von wo du gekommen bist. Selbst wenn du den weiten Weg von Arken bis hierher gewandert wärst. Diesen Job hier werde ich übernehmen. Allein.«
»Ach, komm schon. Was willst du tun? Mich kaltmachen?«
Veit sah ihn dermaßen provokant an, dass Shiro all seine Willenskraft aufbringen musste, um ihm das Schwert nicht aus schierer Wut durch den Kehlkopf zu rammen. Gut, vielleicht kam dieser Zorn nicht von irgendwo, sondern hatte viele Jahre Zeit gehabt, um zu reifen. Wie ein Wein, der tief unten im Keller gelagert hatte, vergessen über die Jahre. Aber noch während er damit beschäftigt war, den Klumpen Groll herunterzuwürgen, der seine Kehle hinaufkroch, redete der Mistkerl unbeirrt weiter …

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